Von Templin in die „Garnison Vogelsang“

Im Wald zwischen Zehdenick und Templin befand sich nach dem 2. Weltkrieg einer der wichtigsten Militärstandorte der Sowjetarmee in der DDR – die „Garnison Vogelsang“ (Гарнизон Фогельзанг), in der zeitweise mehr als 15.000 Soldaten stationiert waren. Heute zeugen davon nur noch die großen sandigen Heideflächen der ehemaligen Truppenübungsplätze sowie eine im Wald verborgene Ruinenstadt, die ich mir heute einmal ansehen möchte.

Gegen 8.00 Uhr starte ich bei sonnigem Wetter in Templin, wo auf dem Marktplatz vor dem historischen Rathaus gerade ein Flohmarkt aufgebaut wird.

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Ich durchquere die Stadt und fahre weiter in das benachbarte Dorf Röddelin, wo ich wieder an dem kyrillischen Wegweiser vorbeikomme, den ich bereits bei meiner Tour „Von Templin nach Lychen“ entdeckt hatte. Röddelin ist (neben Annenwalde und Beutel) einer von 3 Orten, die einen Zugang zu den ehemaligen Truppenübungsplätzen bieten.

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Ein etwas versteckt liegender Trampelpfad führt mich zunächst auf einen Wanderweg, der nördlich um den Großen Mahlgastsee herumführt.

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Nach etwa 4,5 Kilometern erreiche ich dann die offene Heidelandschaft des ehemaligen Truppenübungsplatzes, die nun als Naturschutzgebiet Kleine Schorfheide bekannt sind. Da das Gelände noch immer munitionsbelastet ist, führt ein eingezäunter Wanderweg außen um das Gelände herum, wobei die weichen Sandwege für Radfahrer praktisch unbefahrbar sind und die Strecke keinerlei Schatten bietet. Auf dem Gelände sind viele Heidelerchen zu sehen – den ebenfalls hier brütenden Wiedehopf bekomme ich leider nicht zu Gesicht.

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Nach 3 km Fahrradschieben unter sengender Sonne bin ich froh wieder einen Schatten zu erreichen und lege am Ufer der Havel eine Rast ein.

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Kurz danach erreiche ich die Schleuse Kannenburg, die von Booten auf der Strecke Templin-Zehdenick passiert werden muss. Der Biergarten neben der Schleuse ist ein beliebtes Ausflugsziel und heute gut besucht – allerdings eher von Autofahrern, denn die von der Bundesstraße zur Schleuse führende Schotterpiste ist wenig fahrradtauglich.

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Schließlich erreiche ich mein Tagesziel – die verlassene Militärstadt „Garnison Vogelsang“, die sich über einen Waldweg von der Bundesstraße in Höhe Bahnhof Vogelsang erreichen lässt. Von den ursprünglich mehr als 500 Gebäuden sind leider schon die meisten abgerissen. Vorhanden sind noch diverse ehemalige Wohngebäude, Werkstätten und Garagen, ein Offizierskasino mit Theatersaal, eine Schule, eine Turnhalle und ein Café. Vereinzelt sind kyrillische Schriften und sowjetische Wandreliefs zu entdecken, daneben zahlreiche Graffitis.

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Die Militärstadt übt nach wie vor eine große Anziehungskraft auf Fotografen aus, von denen heute mehrere auf dem Gelände unterwegs sind. Auch angesichts der zahlreichen Fotos, die im Internet und auf Berliner Flohmärkten kursieren, lässt sich erkennen, wie groß das Interesse an der „Russischen Stadt im Wald“ ist. Leider war man nicht weitsichtig genug den Komplex frühzeitig unter Denkmalschutz zu stellen – man hätte sich hier mit einem „Geschichtspark Vogelsang“ eine veritable Touristenattraktion in die strukturschwache Region geholt, die es ohne Weiteres mit der Berliner Mauer und dem Checkpoint Charlie hätte aufnehmen können.

Gegen 16.30 erreiche ich schließlich Zehdenick, von wo aus ich mit dem Regionalzug nach Berlin zurückfahre.

Zurückgelegte Strecke: 44 km

Tipp für Wanderer: Es gibt leider keinen direkten Weg zwischen Kleiner Schorfheide und dem Kasernengelände. Die Gebiete sind durch Kanäle (Templiner Wasser und Schulzenfließ) voneinander getrennt und eine frühere Verbindungsbrücke existiert nicht mehr. Man muss also zunächst immer auf die B109 zurück (Bundesstraße Zehdenick-Templin), die für Wanderer wenig attraktiv ist. Es empfiehlt sich daher die Touren zu trennen und die Kleine Schorfheide ab Röddelin oder Beutel bzw. die Kaserne ab Bahnhof Vogelsang zu erkunden.